Fünf Bilder von Chris Wittenberg

Zum Kunstsammeln gehört nicht nur die Freude bei der Betrachtung der Werke, sondern ein interessanter Aspekt ist auch die Beschäftigung mit der Biographie und dem Wesen des Künstlers, insbesondere wenn es sich um solche Künstler handelt, die nicht gemeinhin bekannt sind. Nun reicht aber zur Beurteilung der Seelenwelt eines Künstlers selten ein einziges Werk aus. Vielmehr bedarf es einer Reihe von Werken, um zu sehen welche Themen einen Künstler antreiben und immer wieder in seinem Oeuvre erscheinen. Deswegen gefällt es uns immer sehr, wenn wir gleich mehrere Bilder von unbekannten, aber interessanten Künstlern erwerben können.

Im Frühjahr 2022 wurde uns ein Posten von fünf signierten Grafiken im Grenzbereich von Phantastica und Erotica angeboten. Bei allen Bildern handelt es sich um lithografische Drucktechniken. Die Motive sind jeweils etwa 20 x 15 cm groß und wurden mit bräunlicher oder schwarzer Farbe auf Büttenpapier gedruckt, wobei jeweils ein charakteristischer Quetschrand auf dem Papier entstand. Vier Bilder sind signiert „Wittenberg 78“, das fünfte Bild ist signiert „Wittenberg 2/79“ und nummeriert 5/5.

Die Motive bedienen sich der erotisch und phantastisch aufgeladenen Bildsprache der 1970er Jahre. Auf einem der Motive mit zwei nackten Frauen scheint eine der beiden zum Flug in die Wolken anzuheben. Ein anderes Motiv zeigt die zersplitterte Kontur einer Nackten, die von Insekten umgeben ist. Auf den weiteren Motiven schwebt eine liegende Frau im Ungewissen, erscheint ein Kopf über einer hügeligen Landschaft oder wacht ein einzelnes Auge über Tennisspielerinennen zwischen phantastischen organischen Gebilden.

Die Blätter sind offensichtlich ungenau von Hand beschnitten. Auch die weitere Verarbeitung im Druckprozess macht eher einen laienhaften Eindruck. Fast könnte man die Blätter für Schülerarbeiten halten, wenn sich nicht in manchen Motiven durch den gekonnten Umgang mit Schattierungen und Halbtönen ein mit der Materie der gewählten Drucktechnik durchaus vertrauter Künstler zu erkennen geben würde.

Die Vorbesitzer, von denen wir die Bilder im Frühjahr 2022 erwarben, gaben an, als Studenten in den 1970er Jahren in der Immenhofer Straße in Stuttgart direkt unterhalb des Stuttgarter Hausbergs, dem Bopser, gelebt zu haben. In jener Straße hätte sich damals auch eine Künstler-WG befunden, in der man häufig zu Gast gewesen sei. Einer der Künstler dort wäre Chris Wittenberg, der Urheber unserer Bilder, gewesen.

Leider ließ sich sonst nichts mehr über den Künstler in Erfahrung bringen. Über den Rufnamen oder Vornamen „Chris“, der ja nicht auf den Blättern enthalten ist, waren sich die Vorbesitzer noch sehr sicher. Gleichwohl konnten wir niemanden dieses Namens ausfindig machen, der sich im fraglichen Zeitraum in den späten 1970er Jahre künstlerisch betätigt und anderweitig Spuren davon hinterlassen hätte.

Wir finden diese Stücke in unserer Sammlung für interessante Zeitzeugnisse und würden gerne mehr über den Künstler erfahren.

Wissen Sie etwas über den Künstler? Schreiben Sie uns!