Das allzuleichte Vergessen (Szandor Vincent Scharsich)

Inv. Nr. 2017.007

Beschreibung

Holz-Stalltüre mit Original-Beschlägen, zusätzliche Applikationen aus Fotocollagen, Stacheldraht, Messer, Zahn und Schnecke.

Rückseitig bezeichnet „Szandor V. Scharsich. Das allzuleichte Vergessen“. Entstanden um 1990.

Jürgen „Szandor Vincent“ Scharsich (1960-2023) griff in seinen um 1990 entstandenen Werken häufig Themen auf, die gerne verschwiegen und vergessen werden: der Tod im Allgemeinen, die Todesstrafe, die nie bewältigte NS-Vergangenheit, der sexuelle Missbrauch in der Kirche. In diesem Bild, das zweifellos zu seinen Hauptwerken zählt, sind mehrere dieser großen Themen kumuliert und gleichzeitig findet Scharsich eine Bildersprache, die den Umgang mit dem Vergessen darzustellen vermag.

Erinnert das ganze, aus einer alten Stalltür geschaffene Objekt bereits an eingesperrtes Vieh, so erzeugen die collagenartig aufgebrachten Fotos der Siegessäule im zerstörten Berlin 1945 und aus den befreiten Konzentrationslagern sowie der sich über die Breite des Objekts spannende Stacheldraht Assoziationen, die statt an Stallkühe mehr an unter unwürdigen Bedigungen eingesperrte Menschen denken lassen. Durch vage Silhouetten, vor denen rechts oben ein rostiges Messer aus dem Objekt ragt, werden Gewalttaten angedeutet. Ein am Stacheldraht angebrachter Zahn sowie ein Schneckenhaus symbolisieren den Zahn der Zeit, der quälend langsam – im Schneckentempo – an der Erinnerung nagt.

Mit  dem Titel des Bildes klagt Scharsich die Option an, die oftmals der bequemere Weg als Erinnerung und Bewältigung ist: das allzuleichte Vergessen.

 

 

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