Friedrich Pfisterer

Friedrich Pfisterer (1887-1956) war Kunstmaler aus Stuttgart, der 1909 in die Schweiz ging und ab 1918 einen eigenen grafischen Betrieb in Bern führte. Neben grafischen Auftragsarbeiten scheint er hauptsächlich Porträts gemalt zu haben.

Er stammte aus Stuttgart, wo er am 28. Juli 1887 geboren wurde. Er absolvierte eine chemigraphische Lehre in einer Stuttgarter Kunstanstalt, wo sein künstlerisches Talent entdeckt wurde, so dass man ihm nach Ende der Ausbildung den Besuch der Stuttgarter Kunstschule ermöglichte. Auf eigene Veranlassung hin setzte er sein Studium noch in Dresden, Leipzig, München und Frankfurt fort. Nach dem Studium zog es ihn als Maler auf Wanderschaft in die Schweiz. Ein als vorübergehend gedachter Aufenthalt in Bern 1909 wurde zum entscheidenden Wendepunkt seines Lebens. Dort fand er zunächst eine Anstellung bei einer Kunstanstalt und wurde deren technischer Leiter. 1913 heiratete er und wurde in der Schweiz eingebürgert. 1915 erhielt er schließlich das Bürgerrecht in Bern.1 1918 machte er sich im Keller der Cäcilienstrasse 9 mit seiner eigenen graphische Kunst- und Clichéanstalt F. Pfisterer & Co. selbstständig.

Im Berner Adressbuch erscheint er erstmals 1917 als Kunstmaler in der Kyburgstrasse 11,2 wo er bis 1919 gemeldet blieb. Ab 1920 wohnte er in der Kasernenstrasse 31.3 1925 lebte er in der Kirchbergerstrasse 23,4 1927 in der Weissensteinstrasse 22a.5 Ab 1928 ist er in der Lentulusstrasse 30 gelistet.6

1930 bezog er mit seiner Familie und seinem Betrieb ein Wohn- und Geschäftshaus in der Balderstrasse 30, wo ein Friedrich Pfisterer nun auch als Photograph erscheint.7 Ab 1935 wird an derselben Adresse auch der Graphiker Kurt Erwin Pfisterer genannt.8 Ab 1943 werden nur noch der Kunstmaler und seine Kunst- und Clichéanstalt in der Balderstrasse verzeichnet. Der Graphiker war in die Cäcilienstrasse 57 gewechselt, der Photograph wird in Bern nicht mehr separat genannt.9

Da sich keine weiteren Werke im Kunsthandel nachweisen lassen, scheint Friedrich Pfisterer nicht viel gemalt zu haben. Es ist also gut denkbar, dass er sich ab 1909 in Bern gar nicht erst als Kunstmaler zu verdingen hatte, sondern gleich nach seiner Ankunft dem Beruf als Chemigraph nachging und sein künstlerisches Talent insbesondere bei der Ausführung von graphischen Arbeiten im Berufsalltag nutzte. Im Adressbuch wird er zwar kontinuierlich „Kunstmaler“ genannt, aber sein Auskommen scheint er stets nur durch die Arbeit als Chemigraph bzw. den Betrieb seiner graphischen Anstalt gefunden zu haben, für die er anfangs einen Teilhaber („& Co.“), später seine beiden Söhne als Anteilseigner einer (Familien-)Aktiengesellschaft („A.G.“) hatte.10

Als eines seiner beruflichen Hauptwerke gilt die Gestaltung der heraldischen Tafeln für das 1937 erschienene Wappenbuch der Stadt Solothurn. Friedrich Pfisterer malte nicht nur die unzähligen Wappenbilder, sondern stellte in seiner grafischen Anstalt auch die Druckplatten für den Sechs- und Achtfarbendruck der Tafeln her.11

In einem Bericht zum kriegsbedingt erst Ende 1945 mit zweijähriger Verspätung begangenen 25-jährigen Jubiläum des Unternehmens wird Pfisterers künstlerisches Werk wie folgt beschrieben: „Neben dem Porträt pflegte er besonders die figürliche Zeichnung in Holzschnittmanier, in der er u.a. das umfangreiche Werk über die Simmentaler Fleckviehzucht des verstorbenen Dr. h.c. W. Schneider illustrierte. Als Maler schuf er 1937 ebenfalls das prächtige Wappenbuch der Solothurner Bürgergemeinde.“

Der Bund, 12. Dezember 1945, Abendausgabe, S. 4.

Der Bericht zum Jubiläum 1945 schließt zwar mit der Hoffnung, dass Pfisterer mit dem Eintritt seiner Söhne in den Betrieb wieder mehr Zeit für die künstlerische Betätigung finden würde, aber die Hoffnung hat sich vermutlich nicht erfüllt. An Gemälden dürften daher hauptsächlich Porträts wie das unsere zu erwarten sein.

Die Jubiläumsfeier des Unternehmens wurde von einer Verleumdung überschattet, als ein ehemaliger Angestellter, der in einer Streitsache vor dem Gewerbegericht seinem früheren Arbeitgeber Pfisterer unterlegen war, diesen aus Rachegelüsten bezichtigte, während des Krieges große Mengen an Buntmetall unterschlagen und verschoben zu haben. Ende 1945 berichtete die Berner Zeitung Der Bund, dass sich die Vorwürfe als Schwindel erwiesen hätten.12

Friedrich Pfisterer starb nach langer schwerer Krankheit in Bern am 20. September 1956. Im Nachruf in Der Bund vom 23. September 1956 heißt es, er habe sich „in seiner Arbeit verzehrt“ und mit eisernem Willen „dem gebrechlichen Körper zuviel zugemutet“. Von einer künstlerischen Betätigung ist dort nicht mehr die Rede.

Nachruf in Der Bund, 23. September 1956, Abendausgabe, S. 20.
Todesmeldung in Der Bund, 24. September 1956, Morgenausgabe, S. 4.
Bericht über die Trauerfeier für Friedrich Pfisterer in Der Bund, 26. September 1956, Morgenausgabe, S. 4.

Dem Porträt in unserer Sammlung, das einen Mann mit breit auslaufendem Schnurrbart zeigt, war rückseitig eine Gedächtniskarte für einen Wilhelm Pfisterer (1855-1935) beigefügt. Bei diesem Mann, dessen Porträt auf der Karte einen ähnlichen Schnurrbart aufweist, könnte es sich den Lebensdaten nach um den Vater des Malers handeln. Unser Gemälde wäre dann also vielleicht ein Porträt des Vaters. Falls es ein Porträt aus dem Familienkreis wäre, dann würde dies auch die These stützen, dass Friedrich Pfisterer nicht oder nicht lange für den Kunstmarkt malte, sondern die Malerei neben dem Betrieb der graphischen Anstalt und den damit verbundenen graphischen Aufträgen nur noch privat stattfand.

Werk in der Kunstsammlung Schmelzle

Inv. Nr. 2023.006: Bildnis eines Mannes mit Schnurrbart

Einzelnachweise

  1. Der Bund, 24. November 1915, Abendblatt, Seite 2.
  2. Adressbuch der Stadt Bern 1917, S. 269.
  3. Adressbuch der Stadt Bern 1920, S. 334.
  4. Adressbuch der Stadt Bern 1925, S. 377.
  5. Adressbuch der Stadt Bern 1927, S. 385.
  6. Adressbuch der Stadt Bern 1928, S. 393.
  7. Adressbuch der Stadt Bern 1932, S. 325.
  8. Adressbuch der Stadt Bern 1935, S. 365.
  9. Adressbuch der Stadt Bern 1943, S. 390.
  10. Sohn Kurt Pfisterer, der dem Vater als Betriebsleiter folgte, wurde 1913 geboren und starb am 19. Juni 1977 im 64. Lebensjahr. (Todesanzeige)
  11. Anzeige für das Wappenbuch der Stadt Solothurn, in Der Bund, 27. Januar 1938, Morgenausgabe, S. 3.
  12. Aus dem Gerichtssaal: Bestrafter Verleumder, in Der Bund, 28. Dezember 1945, Abendausgabe, S. 5.