Fritz von Dessauer

Fritz von Dessauer (geb. 1902) war als Sohn bayrischer Auswanderer in Chile in den 1930er Jahren zeitweise als Künstler in Berlin tätig. Es gibt Hinweise darauf, dass er während der NS-Zeit nach Südamerika zurückgekehrt ist.

Leben

Die jüdische Familie Dessauer aus Gochsheim in Baden kam im 19. Jahrhundert nach Bayern, trat zum Katholizismus über und wurde 1837 mit dem Juristen Georg von Dessauer (1795-1870) in den erblichen Adelsstand erhoben. Die Familie erwarb ein Gut im oberbayrischen Kochel. Der dort geborene Apotheker und Chemiker August von Dessauer (1866-1945) ging im späten 19. Jahrhundert nach Chile, wo schon länger weitere Angehörige der Familie lebten. Er war erst in Santiago de Chile tätig und heiratete dann 1899 in Valparaiso eine deutsche Kaufmannstochter. Der erstgeborene Sohn Heinrich (Enrique) von Dessauer (1900-1979) wurde Augenarzt in Valparaiso. Am 13. März 1902 wurde dort auch der zweite Sohn Friedrich (Fritz) Hermann von Dessauer geboren, der Kunstmaler wurde.1

Der junge Maler blieb jedoch nicht lange bei den Eltern in Chile, sondern wandte sich nach Berlin, wo er im November 1932 in der Galerie von Hugo Helbing am Lützow-Ufer eine erste Ausstellung hatte.23 Ebenfalls in Berlin zählte er zum Freundeskreis des Medizin- und Kunststudenten Wolfgang Stock (1913-1997), der dort ab 1933 studierte und später ebenfalls als Künstler Bedeutung erlangte.4

Da seine Darstellungen junger halbnackter Männer deutliche homoerotische Züge tragen, war Fritz von Dessauer sehr wahrscheinlich schwul. Wir vermuten, dass er während der NS-Zeit wohl aufgrund seiner jüdischen Abstammung oder seiner sexuellen Orientierung nach Südamerika zurückgekehrt ist. Dort nannte er sich nun auch Federico von Dessauer. 1947 beteiligte er sich mit drei Gemälden an einer Ausstellung der Universität Chile und der Museums für zeitgenössische Kunst in Santiago de Chile.5

In einer 1962 verfassten Stammtafel der Familie Dessauer wird er als „Kunstmaler in Arica (Chile)“ bezeichnet, und es heißt, er „bereiste Bolivien“.6

Möglicherweise lebte er später auch in Brasilien, wo es ebenfalls Verwandte gab. 1976 fand eine Ausstellung seiner Bilder in der Galerie Blu Bay Arte in Rio de Janeiro statt.7 Seine aus den 1940er und 1950er Jahren stammenden Bilder tauchen bis heute auch immer wieder im brasilianischen Auktionshandel auf.

Werk in der Kunstsammlung Schmelzle

Inv. Nr. 2023.031: Landschaftsbild

Weitere nachweisbare Werke des Künstlers

Totentanz, 42 x 36 cm, dat. 1944.8
Junger Mann, 75 x 61 cm, dat. 1957.9
Junger Mann, 71 x 59 cm.10
Junger Mann, 60 x 73 cm, dat. 1942.11
Badende, 65 x 81 cm, dat. 1946.12
Wurzelwerk, dat. 1950.13
Küstenlandschaft, 40,5 x 50 cm, dat. 1946.14

Einzelnachweise

  1. Biografische Angaben bei Albert Haemmerle: Stammtafel der Familie Dessauer aus Aschaffenburg, 1962. Zu Fritz von Dessauer siehe dort S. 113.
  2. Kunstausstellungen, in: Adolph Donath (Hrsg.): Der Kunstwanderer, Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen, Jg. 14, Oktoberheft 1932, S. 364.
  3. Moderne Kunst, in: Die Weltkunst, Jg. 6, Nr. 46, 13. November 1932, S. 3.
  4. Nana Ostertag (hrsg.): Wolfgang Stock 1913–1997. Arzt und Bildhauer auf der Schwäbischen Alb, Freiburg 2013, ISBN 978-3-00-042532-5, S. 12-13.
  5. Universidad de Chile, Museo de Arte Contemporaneo: Salon Oficial 1947, Nr. 178-180.
  6. Haemmerle 1962, S. 113.
  7. Jornal do Brasil, 20. September 1976, S. 7. Digitalisat bei memoria.bn.br.
  8. Miguel Salles, Sao Paulo, Oktober 2018, Lot 181.
  9. Miguel Salles, Sao Paulo, Februar 2015, Lot 849.
  10. Miguel Salles, Sao Paulo, Oktober 2018, Lot 367.
  11. Miguel Salles, Sao Paulo, Oktober 2018, Lot 134.
  12. Miguel Salles, Sao Paulo, Mai 2014, Lot 697.
  13. Miguel Salles, Sao Paulo, Oktober 2018, Lot 373.
  14. Miguel Salles, Sao Paulo, Mai 2014, Lot 152.